Handwerk, Industrie und Handel im 19. Jahrhundert |
Stadt Aalen und Bahnhof um 1861
Vor der Industrialisierung bildete die Landwirtschaft die gesamte Grundlage des ökonomischen Gefüges. Die große Masse der Bevölkerung bestand aus Bauern (siehe "Der Bauer im Mittelalter"). So war die Einführung des Marktrechts die wichtigste Voraussetzung für die Entwicklung des städtischen Handels. Und die Bannmeile "verbannte" Handwerk und Handel aus den Dörfern in die Stadt. Auf dem Dorf waren nur noch Handwerker zugelassen, die für den täglichen Bedarf der Dorfbewohner arbeiteten. Die Stadtverfassung sorgte für die weitgehende Selbstständigkeit der Stadtbewohner und war Voraussetzung für die Loslösung vom Grundherrn und somit für die Freiheit der Bürger ("Stadtluft macht frei"). Der Beginn der Industrialisierung wurde stark durch Verbesserung der Hygiene und Medizin beeinflusst, da dies für eine Sprunghaft wachsende Bevölkerung sorgte. Das wiederum verursachten eine Überbevölkerung und weitere Zuwanderungen vergrößerten die Not (Nahrungsknappheit, fehlende Arbeit
und Wohnungen).Es kam daraufhin zu Aufständen und ca. 10% der Bevölkerung Um 1803 bis 1810 (Zeitalter Napoleons) vollzog sich eine politische wälzung, in der ein 900 Jahre altes Herrschaftsgefüge - das Heilige Römische Reich Deutscher Nation - gleichsam über Nacht aufgelöst wurde. Die politische Landkarte wurde neu gestaltet und die geistlichen Fürstentümer, die Reichsstädte und die vielen kleinen selbstständigen Herrschaften hörten auf zu bestehen. Diese "Napoleani- Durch die Beseitigung feudaler Herrschaftsverhältnisse wurde auch die Leibeigenschaft der Bauern aufgehoben (1818). Im Jahre 1828 lockerte die Gewerbeordnung den Zunftzwang und befreite den Handel von zahlreichen Schranken.
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Atmosphärische Dampfmaschine nach Newcomen |
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-Färberei Ensslin (kocherfarb) Bedienstete (1822): 174 in königlichen Militärdiensten 39 in königlichen gutsherrschaftlichen Diensten 176 in königlichen Kommun-Diensten 41 ohne bürgerliches Gewerbe, vom eigenen Vermögen lebend 1393 Handelsleute, Prosessionisten (Handwerker), Wirte usw. 944 Bauern 532 Tagelöhner 222 im Almosen stehend
Gewerbe: Einen allgemeinen Überblick der damaligen industriellen Verhältnisse gibt die gewerbstatistische Aufnahme für den Zollverein. Nach dieser befanden sich zu Ende des Jahres 1852 im Oberamtbezirk: Fabriken: Wollenspinnerei zu Streichgarn: 1 Fabrik mit 300 Spindeln, mit 4 männlichen und 5 weibliche Gewebe: -Leinen und Halbleinenproduktion, mit 264 Stühlen und mit 264 Arbeitern. |
Frau Bieg am Webstuhl (Heimatmuseum Niederalfingen) |
Mühlwerke: 29 Wassermühlen mit 104 Mahlgängen und 80 Arbeitern. |
Heimatsmühle(links) und Scherrenmühle (rechts) |
HANDWERKER: |
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Werkzeuge aus einer Küferei |
Darstellung eines Böttchers/Küfers |
69 Schildwirtschaften 47 Gassen- und Speisewirtschaften 46 Musikanten |
Der starken Produktion entspricht natürlich auch ein starker Handel: Märkte: Ungewöhnlich zahlreich werden alle Märkte in ziemlich weiter Umgebung nicht bloß von allerelei Handwerksleuten, sondern teilweise auch Spezerei- und Kolonialwarenhändlern aus Aalen besucht; im Oberamt selbst bestanden Märkte in folgenden Orten: |
Aalener Postkarte aus dem Jahre 1900 |
Es gab eine Zollstätte bei Oberkochen (Heidenheimer Herrschaft). Ellwangen erhob einen Zoll bei Abtsgmünd, Heuchlingen und Wasseralfingen sowie beim Schmelzofen einen Wegezoll. In Aalen saß ein gräflicher Oettingenscher Zoller an der Hauptstraße von Stuttgart nach Nördlingen, ein zweiter zu Hammerstadt und Onatsfeld an der Nebenstraße aus dem Remstal nach Ellwangen, welcher jedoch zuletzt als dieser Auf der Remstalstraße selbst befand sich ein Wöllwartscher Zoll auf dem Hemling (Hügel), beim “Zollhaus”. Eine zweite Wöllwart´sche Zollstätte war bei Tauchenweiler. Beim Osterbuch, sowie (1760) zwischen Wasseralfingen und der Stadt versuchte Aalen vergeblich einen Zoll anzulegen. Desweiteren erhob die Stadt Aalen einen Zoll von der Passage durch die Stadt, und zwar von Vieh, Wägen und Lastträgern, einen Leibzoll hatten die Juden zu bezahlen, ein reitender, bei Tag 15 Kreuzer, beim Übernachten 30 Kreuzer; ein Fußgehender 6 Kreuzer, wenn er handelte 12 Kreuzer, beim Übernachten Maße und Gewichte: Auch in Maß und Gewicht, deren Übereinstimmung von großer Wichtigkeit ist, herrschte eine große Verschiedenheit innerhalb des Bezirks. |
In den Ellwangischen Besitzungen das Ellwangische Maß und Gewicht, wo jedoch Probstei und Kapitel verschiedene Fruchtmaße führten. In Dewangen und vielen weiteren galt das Gmündische Maß und Gewicht. Das Gmünder Fruchtmaß galt im v. Adelmannschen und v. Wöllwartschen Gebiet. |
Es galt das Nürnberger Holzmaß und für Gewicht und Getränke (in Essingen) das alt Württemberger Eichmaß und Gewicht, neben dem Nürnberger Längenmaß.In Fachsenfeld galt das zu Aalen gebräuchliche Maß. Beispiel Ellenmaß: Eines der ältesten Naturmaße überhaupt. Die Elle wurde von der länge des Unterarms abgeleitet. So gab es in Ägypten zwei unterschiedliche Ellenmaße: Die königliche Elle = 52 cm Die geringe Elle = 45 cm Im Deutschen Königreich variierten die Ellenmaße in den verschiedenen Städten: z.B.: Nürnberg = 66,10 cm Stuttgart = 61,18 cm Ulm = 56,85 cm Beispiel Pfundgewichte: Braunschweig = 498,500 g Nürnberg = 509,855 g Leipzig = 467,214 g (bis 1837) Leipzig = 467,625 g (1837-1858) Beispiel Münzgewichte: Gewichtsstücke aus Messing oder Kupfer zum Prüfen(Nachwiegen) von Goldmünzen. Die Blütezeit der Münzgewichte war vom 13.-19. Jahrhundert.Da Goldmünzen sehr häufig beschnitten oder befeilt wurden, verwendeten Händler, Kaufleute, Geldwechsler u.a. bei der Entgegennahme von Goldstücken in der Regel eine transportable Goldwaage, auf deren Waagschale das Münzgewicht zur Kontrolle gelegt wurde. Die Münzgewichte zeigen meistens charakteristische Motive jener Goldmünzen, deren Vollwichtigkeit sie repräsentierten. Damit war die benutzung für Analphabeten problemlos.Später gab es auch Umrechnungstabellen von Kronentalern und Carolin in Mark und Pfennig (Auch nach der Einführung der Mark (1871) im Deutschen Reich, war noch lange anderes Geld im Umlauf). Sonstige Beispiele: -In Baden-Württemberg umfasste ein Scheffel 1,7 hl, im benachbarten Bayern aber 2,2 hl. -Längenmaße hießen in Württemberg: Linie, Zoll, Fuß, Ruthe und Meile. -Hohlmaße für Getreide hießen: Viertelein, Ecklein, Vierling, Simri, Scheffel. -Für Flüssigkeiten galt: Schoppen, Maß, Iml und Eimer. -Gewichte hießen: Richtpfennig, Quent, Loth, Pfund. -Eine 4 Monate alte Kuh kostete damals ca. 75 Mark |